Zukunftsmonitor: Additive Fertigung ist inzwischen zum Markt mit riesigem Wachstumspotenzial geworden. Das hat bereits viele Wettbewerber auf den Plan gerufen. Welche Position nimmt EOS dabei ein?
Keppler: EOS ist der weltweit führende Technologieanbieter im industriellen 3D Druck von Metallen und Kunststoffen auf Basis des pulverbasierten additiven Fertigungsprozesses des Laser Sinterns. Unser Unternehmen unterstreicht diese Position mit einer weltweiten installierten Basis von rund 3.000 Systemen. Gleichzeitig verstehen wir uns als Vordenker der Branche. Wir denken 5 Jahre voraus und stoßen bereits heute Themen an, die für die Digitalisierung der Fertigung – und damit die Fabrik der Zukunft – wichtig sein werden. Mit unserer Beratungssparte unterstützen wir Kunden von der Idee bis zum Bauteil und bei der Entwicklung kundenspezifischer Lösungen. Aufgrund unseres umfassenden Ansatzes ist dieses Angebot einmalig in der Branche. Gleichzeitig können wir Kunden mit einem vielfältigen Netzwerk an Unternehmen unterstützen, das rund um EOS herum entstanden ist und sich ebenfalls kontinuierlich weiterentwickelt.
Zukunftsmonitor: Welche Marktsegmente haben die größten Wachstumsraten? Luftfahrt, Automobil, Medizin oder … ?
Keppler: Hier gibt es regionale Unterschiede, u.a. auch abhängig davon, welche Industriezweige in welchen Ländern besonders stark vertreten sind. Ganz generell lässt sich jedoch feststellen, dass insbesondere hoch-regulierte Märkte wie die Luft- und Raumfahrt oder der Medizinbereich die Vorteile des industriellen 3D Drucks besonders schnell erkannt haben und heute die weitere Entwicklung der Technologie in enger Zusammenarbeit mit EOS vorantreiben. Spezielle Industrieanwendungen setzen immer häufiger auf unsere Technologie. Auch die Automobilindustrie widmet sich verstärkt den von EOS angebotenen Schichtbauverfahren.
Spektakuläre Anwendungsbeispiele gibt es viele, jedoch dürfen wir aufgrund von umfangreichen NDA’s leider über viele nicht reden. Hier eine Auswahl öffentlich zugänglicher Anwendungsbeispiele unserer Kunden.
Eine kleine Auswahl finden Sie im Internet (Die Redaktion):
Aus der Luft- und Raumfahrt: https://www.eos.info/presse/kundenreferenzen?category=Luft-+und+Raumfahrt
Aus der Medizin:
https://www.eos.info/presse/kundenreferenzen?category=Medizin
Aus der Industrie:
https://www.eos.info/presse/kundenreferenzen?category=Industrie
Aus dem Automobilsektor:
https://www.eos.info/presse/kundenreferenzen?category=Automobil
Zukunftsmonitor: Nehmen wir das Prototyping, also die Herstellung kleiner Stückzahlen. Ist das einer der Hauptanwendungsbereiche?
Keppler: Der Prototypenbau war in den ersten 20 Jahren seit Gründung unseres Unternehmens im Jahr 1989 das Hauptanwendungsfeld für den Einsatz unserer Technologie. Sie hat hier zu einer beschleunigten Produktentwicklung beigetragen und damit auch eine schnellere Markteinführung von neuen Produkten unterstützt.
In den letzten 6-7 Jahren hat unsere Technologie jedoch einen Reifegrad erreicht, der sie auch zunehmend für den Einsatz in der Serienfertigung interessant macht und hier auch bereits in einigen Industrien heute schon eingesetzt wird. Heute fokussiert sich EOS im Zuge der Produktentwicklung vor allem auf die Anforderungen der Serienfertigung von Teilen in unterschiedlicher Stückzahl. >>> …
Gleichzeitig bedient EOS zwar auch heute noch Kunden aus dem Prototypenumfeld. Aber es ist ein besonders starkes Wachstum im Bereich der Serienanwendungen zu beobachten. Dies ist sicher auch der Tatsache geschuldet, dass auch der Prototypenbau im Zuge der Digitalisierung einen grundlegenden Wandel erlebt.
Zukunftsmonitor: Sie haben im April eine Kooperation eingegangen mit Premium Aerotec und Daimler. Sind das nicht zu große Partner oder was erwarten Sie sich von der Kooperation?
Keppler: Nein keinesfalls. Jeder der drei Partner ist in seinem jeweiligen Industrieumfeld führend: Premium Aerotec in der Luft- und Raumfahrt, Daimler in der Automobilindustrie und EOS als Technologiepionier in der pulverbasierten additiven Fertigung. Es macht einfach viel mehr Sinn, diese Kräfte zu bündeln, um so gemeinsam schneller die nächste Evolutionsstufe der Technologie zu erreichen. Gemeinsam entwickeln die Unternehmen die nächste Generation der additiven Fertigung im Projekt NextGenAM und schaffen damit die Grundlage für den Einsatz dieser Technologie in der Großserienfertigung. Dies ist ein zukunftsweisendes Projekt. Es demonstriert, wie der industrielle 3D-Druck als integrierte Fertigungsmethode Einzug in die Serienproduktion hält. EOS bringt seine langjährige Expertise in Punkto System, Werkstoffe und Prozesse ein und wird den Aufbau der geplanten Produktionslösung aktiv mitgestalten und vorantreiben.
Zukunftsmonitor: Und wie beurteilen Sie das gemeinsame Projekt NextGenAM unter zeitlichen Gesichtspunkten?
Keppler: Das Projekt ist zunächst auf ein Jahr ausgelegt und ist richtungsweisend für die Fertigung der Zukunft. 2018 werden wir in Varel die nächste Generation der digitalen Fabrik auf Basis der additiven Fertigung sehen, die sich durch die Integration von additiven und konventionellen Technologien in ein und derselben Fertigungsumgebung auszeichnen wird. Das gilt sowohl für den Teile- als auch den Datenfluss. Im Ergebnis wird sich dieses Fertigungs-Setup durch einen hohen Automatisierungsgrad und eine digitale, auf die Serienfertigung ausgerichtete Software-Architektur auszeichnen.
Zukunftsmonitor: Professor Wildemann von der TUM deutet an, dass sich der Mittelstand mit Additiven Fertigung, insbesondere durch neue Geschäftsmodelle, interessante Wachstumsfelder erschließen kann. Sehen Sie das auch so? Oder ist die Additive Fertigung eher etwas für die Giganten?
Keppler: Die Additive Fertigung ist für beide Zielgruppen die richtige Wahl. Unsere Kunden sind heute sowohl unter den mittelständischen Unternehmen als auch bei großen OEM’s zu finden. Die Anwendungsfelder sind z.T. unterschiedlich. Aber oft ist auch ein enger Zusammenhang zwischen Mittelständler und OEM festzustellen, da z.B. das mittelständische Unternehmen Zulieferer eines OEM’s ist und auf Basis unserer Technologie die Fertigung für seinen Kunden signifikant verbessern kann.
Für beide Zielgruppen gilt eine entscheidende Regel. Das Unternehmen – vom der Führungsebene bis zum Projektteam – sollte eine hohe Veränderungsbereitschaft bei der Einführung des industriellen 3D Drucks mitbringen. Und es sollte in einem nächsten Schritt die Veränderungen dann auch schnell umsetzen. Nur so kann ein Unternehmen – unabhängig von der Unternehmensgröße oder dem Anwendungsspektrum – auch tatsächlich signifikante Wettbewerbsvorteile aus dem Einsatz dieser disruptiven Technologie ableiten.
Siehe hierzu auch: Mit Additive Minds zur Additiven Fertigung