In einem grundlegenden Vortrag im Rahmen der Johannes Gutenberg Stiftungsprofessur hat Prof. Wahlster über den Zusammenhang von künstlicher Intelligenz und menschlicher Intelligenz gesprochen. Dabei zeigte er auf, “wie generell Denkvorgänge auf Computern simuliert werden können, wie sie teilweise sogar beschleunigt werden können und was sie dann auch für die Gesellschaft und die Wirtschaft leisten können”. Der Zukunftsmonitor fasst zusammen:
Es geht um lernende und schlussfolgernde Maschinen
Im Mittelpunkt seiner Ausführungen über diese Thematik steht die Funktionsweise dieser Systeme, insbesondere der lernenden Maschinen, aber auch der schlussfolgernden Maschinen. Er geht detailliert auf deren Chancen ein, zeigt aber auch deren Grenzen auf und auch wo noch Forschungsbedarf besteht.
Künstliche Intelligenz (KI) am DFKI
Künstliche Intelligenz (seit 40 Jahren unter dem Begriff KI in Deutschland, international als Artificial Intelligence (AI) gebräuchlich) ist im Spannungsfeld zwischen Informatik und den Kognitionswissenschaften angesiedelt. Am DFKI arbeiten mehr als 800 hochkarätige Wissenschaftler auf diesem Gebiet, das für unsere Zukunftsgestaltung zentrale Bedeutung hat. Dies wird auch dadurch deutlich, dass an dieser Private Public Partnerschaft bedeutende Unternehmen und andere Forschungseinrichtungen beteiligt sind. Erwähnenswert auch, dass sich kürzlich auch Google beteiligt hat.
Die Aufgaben im Rahmen der KI-Forschung
KI ganz kurz definert ist die Realisierung von intelligentem Verhalten auf Computern natürlich auch die dazugehörigen grundlegenden Fähigkeiten. Es geht um die Frage, ob dies prinzipiell gelingt, “auch wenn wir noch nicht wissen, wofür wir es benutzen können”.
Der Intelligenzbegriff
Wahlster merkt an, dass sich der Intelligenzbegriff im Wandel im Wandel befindet. “Was vor 60 Jahren noch als superintelligente Intelligenzleistung galt, ist heute bereits entwertet, zum Beispiel das Lösen einer sehr komplexen mathematischen Gleichung. Andererseits wird man sich schon in einigen Jahre fragen, ob das autonome Fahren noch Intelligenz ist. Obwohl es aus heutiger Sicht eine sehr komplexe Aufgabe darstellt, einen Wagen in allen Situationen und auch in Notfällen zu beherrschen. Immerhin wird heute daran gearbeitet.
Die Kerngebiete der KI
Nach Wahlster handelt es sich bei den Kerngebieten der KI um
- Subsymbolische Mustererkennung mithilfe von Sensoren und anschließender Verarbeitung im Gehirn
- Lernen
- Wissensrepräsentation (Wissen so darbieten, dass der Computer auch Schlüsse ziehen kann, inferieren genannt)
- Planen (Mit Hilfe von Planalgorithmen überlegen sich diese Systeme, wie sie ein vorgegebenes Ziel erreichen, denn “diese Systeme sollen ja selbst intelligent sein und nicht der Programmierer”.
- Wissenspräsentation (“das müssen die Computer nun ja auch”)
Kurzum sollen Computer oder Roboter mit künstlicher Intelligenz in der Lage sein, autonom zu bestimmen, wie sie ein vorgebenes Ziel erreichen. Daraus ergeben sich die Einsatzfelder der künstlichen Intelligenz, wie zum Beispiel:
- Roboter zur Erkundung in fremden Welten
- Kolloborative Roboter, die auch in gemischten Teams mit Menschen arbeiten können (Beispiel: Airbus hat bereits die Montage von Flügeln und das Unterbringen von Elektronik und Volkswagen von Unterböden in Teams aus Menschen und Robotern getestet)
- Chatbots, also elektronische Verkäufer bzw. Servicemitarbeiter
- Spiele: Gaming mit künstlicher Intelligenz, die wesentlich spannender und überraschender sind als lediglich programmierte Spiele
- Und vieles mehr.
Die Zukunftslabore des DFKI
Inzwischen hat sich das schon 1988 gegründete DFKI nach Aussagen von Prof. Wahlster zum weltweit größten Institut für Künstliche Intelligenz entwickelt. Es beschäftigt sich derzeit in sieben Zukunftslaboren mit folgenden Themen:
- Der Supermarkt der Zukunft
- Das Auto der Zukunft
- Die Fabrik der Zukunft (Smart Factory)
- Die Stadt der Zukunft
- Der Roboter der Zukunft
- Das Büro der Zukunft
- Die Seniorenwohnung der Zukunft
Jetzt: Digitalisierung mit Verstand
Zusammenfassend kann festgestellt werden, dass es sich bei der künstlichen Intelligenz um das heute volkswirtschaftlich wichtigste Forschungsgebiet handelt. Die erste Welle der Digitalisierung, die durch die digitale Codierung gekennzeichnet war, wird abgelöst durch die Digitalisierung mit Verstand, also die Daten von der Maschine, dem Computer erkennen und Schlüsse daraus ziehen lassen.
Regelbasierte Wissensverarbeitung
Doch zunächst müssen die Computer mit Daten gefüllt und mit Regeln traniert werden. Es werden teilweise bis zu 20 000 bis 30 000 Regeln eingegeben, sodass deren Berücksichtigung – zum Beispiel in der Medizin – zu schnelleren und fundierteren Diagnoseentscheidungen kommen kann. In solchen Begriffsnetzen werden die Computer trainiert und damit der Mensch bei weitem überflügelt. Wenn Google – wie geschehen -auf Facebook mit über 40 Mio Konzepten operiert, ist es diese Intelligenz der menschlichen Intelligenz bei weitem überlegen. Schließlich hat ein sehr guter Abiturient nur 75 000 Konzepte im Kopf.
Neue Zusammenhänge
Beim Menschen wird neues Wissen nicht einfach abgespeichert wie in einer Datenbank, “sondern die menschliche Intelligenz besteht ja darin, dass man das neue Wissen mit dem alten Wissen in Einklang bringt und dadurch das alte Wissen revidiert wird.” Mit Hilfe von sogenannten Subsubtionslogikmaschinen können die Comuter das heute auch. Das System vergleicht das neue mit dem vorhandenen Wissen und kommt so zu neuer Erkenntnis.
Zu guter Letzt: Das Paradoxon
Einfache Sachverhalte fallen dem Computer oft schwer (mit einem Tennisschläger bestimmte Schläge ausführen), komplizierte dagegen oft sehr leicht. (Wettervorhersage). Hier weitere Beispiele für Expert:innenintelligenz versus Alltagsintelligenz:
Expert:innenintelligenz besonders hoch bei
- Fehler im Computer-Chip
- Schachmeister besiegen
- Stahlproduktion optmieren
Alltagsintelligenz besonders hoch bei
- SIM-Karte wechseln
- Witz verstehen
- Kind trösten
Wenn Prof. Wahlster seinen Vortrag humorvoll mit der Bemerkung schließt:
“Aber künstliche Intelligenz ist auf jeden Fall besser als natürliche Dummheit”,
zeigt dies, dass auch die KI-Forschung sich heute nicht überschätzt und noch einen langen Weg vor sich hat. Mit Hilfe der maschinellen Intelligenz und des Deep Learning wird es den Forschern jedoch sicher gelingen, die Zeiträume für neue Erkenntnisse und Anwendungen drastisch zu verkürzen.
Siehe hierzu: