Seit der Gründung vor einem knappen Vierteljahrhundert hat sich der Ruf des Onlinelexikons Wikipedia stark gewandelt. War die Nutzung zu Beginn im Jahr 2001 noch verpönt, hat Wikipedia mittlerweile unzählige Lexika komplett ersetzt, selbst an Universitäten gibt es deutlich weniger Vorbehalte als noch vor zwei Jahrzehnten. Ermöglicht wurde das durch „Wisdom of the crowd“, das Wissen der Masse. Durch KI-Werkzeuge wie ChatGPT ist genau dieses jedoch in Gefahr – und könnte Wikipedias Ruf dauerhaft beschädigen. Fachleute sehen aber auch neue Möglichkeiten.
Zunehmender Einsatz von Ki-Tools
Wikipedia, das weltweit wichtigste Online-Nachschlagewerk, hat sich seit seiner Gründung von einem skeptisch betrachteten Experiment zu einer unverzichtbaren Wissensquelle entwickelt. Zentral für diesen Erfolg ist die Arbeit freiwilliger Helfer, die Artikel erstellen, bearbeiten und auf Richtigkeit prüfen. Doch der zunehmende Einsatz von KI-Tools wie ChatGPT stellt das Prinzip des kollaborativen Wissensaustauschs vor neue Herausforderungen.
„Halluzinieren“ als unlösbares KI-Problem
Ein Hauptproblem generativer KI ist das sogenannte „Halluzinieren“: KI-Systeme erzeugen überzeugend klingende Inhalte, die jedoch oft keine Grundlage in überprüfbaren Fakten haben. Dies steht im Widerspruch zu den strengen Wikipedia-Regeln, die für jede Aussage verlässliche Quellen verlangen. Zudem können KI-Tools eine große Anzahl an Änderungen in kurzer Zeit ermöglichen, was die Kapazitäten der Freiwilligen zur Überprüfung dieser Inhalte übersteigt. Die Wikimedia-Stiftung entwickelt daher KI-basierte Werkzeuge, um problematische Änderungen frühzeitig zu erkennen und den Helfern die Arbeit zu erleichtern.
Diversität droht verloren zu gehen
Ein weiteres Risiko des KI-Einsatzes ist der Verlust von Diversität in den Inhalten. Laut der Expertin Sabine Köszegi von der TU Wien könnten generative KI-Modelle durch ihre oft uniformen Perspektiven die Vielseitigkeit und Debattenkultur, die Wikipedia auszeichnet, gefährden. Wikipedia lebt von unterschiedlichen Sichtweisen, die durch Diskussionen von Freiwilligen in die Artikel einfließen.
„Es braucht Menschen“
Trotz dieser Herausforderungen betont die Wikimedia-Stiftung die zentrale Rolle von Menschen bei der inhaltlichen Gestaltung von Wikipedia. Besonders bei komplexen oder kontroversen Themen bleibt die menschliche Perspektive unersetzlich. Die Zusammenarbeit der Freiwilligen, die durch transparente Regeln strukturiert wird, sichert laut Experten die Qualität und Integrität der Inhalte. Wikipedia bleibt damit ein Ort, an dem das Ringen um Wissen und Wahrheit im digitalen Zeitalter allen offensteht.