Mit Licht lassen sich Quanteninformationsverarbeitungssysteme, beispielsweise Quantencomputer, schnell und effizient betreiben. Forschende am Karlsruher Institut für Technologie (KIT) und an der Chimie ParisTech – CNRS haben nun die Entwicklung von molekülbasierten Materialien, die sich als lichtadressierbare fundamentale Quanteneinheiten eignen, wesentlich vorangebracht: Wie sie in der Zeitschrift Nature Communications berichten, haben sie erstmals die Möglichkeit demonstriert, Kernspinniveaus eines molekularen Komplexes aus Europium(III)-Seltene-Erden-Ionen mit Licht zu adressieren. (DOI: 10.1038/s41467-021-22383-x) (Siehe auch Titelbild: Auf Basis des Europium(III)-Moleküls wollen Forschende die Entwicklung von Quantencomputern voranbringen.)
Ob bei der Arzneimittelentwicklung, in der Kommunikation oder für Klimaprognosen: Informationen schnell und effizient zu verarbeiten, ist in vielen Bereichen entscheidend. Dazu dienen derzeit digitale Computer, die mit sogenannten Bits arbeiten. Der Zustand eines Bit ist entweder 0 oder 1 – dazwischen gibt es nichts. Dies begrenzt die Leistung der Digitalcomputer stark, und es wird immer schwieriger und zeitaufwendiger, komplexe Probleme mit Bezug zu realen Aufgaben zu bewältigen. Quantencomputer hingegen verwenden Quantenbits zur Verarbeitung von Informationen. Ein Quantenbit (Qubit) kann sich aufgrund einer speziellen quantenmechanischen Eigenschaft, der Quantensuperposition, gleichzeitig in vielen verschiedenen Zuständen zwischen 0 und 1 befinden. Dies ermöglicht es, Daten parallel zu verarbeiten. Dadurch steigt die Rechenleistung von Quantencomputern gegenüber digitalen Computern exponentiell.
Überlagerungszustände eines Qubit müssen lange genug bestehen
„Um praktisch einsetzbare Quantencomputer zu entwickeln, sollten die Überlagerungszustände eines Qubit für eine ausreichend lange Zeit bestehen. Die Forschung spricht dabei von Kohärenzlebensdauer“, erklärt Professor Mario Ruben, Leiter der Forschungsgruppe „Molecular Quantum Materials“ am Institut für Quantenmaterialien und -technologien (IQMT) des KIT sowie am European Center for Quantum Sciences – CESQ an der Universität Straßburg. „Die Superpositionszustände eines Qubit sind jedoch fragil und werden durch Fluktuationen in der Umgebung gestört, was zur Dekohärenz, das heißt zur Verkürzung der Kohärenzlebensdauer führt.“ Um den Superpositionszustand lange genug für Rechenoperationen zu erhalten, ist die Isolierung eines Qubit von der verrauschten Umgebung denkbar. Kernspinniveaus in Molekülen können dazu dienen, Superpositionszustände mit langen Kohärenzlebensdauern zu erzeugen, da Kernspins durch außen liegende elektronische Orbitale gut von der Umgebung abgeschirmt sind und die Superpositionszustände eines Qubit vor störenden äußeren Einflüssen schützen.
Abb: C. Grupe (KIT): Darstellung des Europiumkomplexes als Qubit,
in welchem der Kernspin mit Licht ausgelesen wird.
Moleküle eignen sich ideal als Qubit-Systeme
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